00:00:00: Willkommen beim Einblick Podcast, der Podcast fĂŒr den tieferen und dennoch knackigen Einblick
00:00:11: in die relevanten Ereignisse des Gesundheitswesens der vergangenen Woche vom Gesundheitsmanagement
00:00:17: der Berlin Chemie.
00:00:18: Heute ist der 8.
00:00:19: August 2025.
00:00:20: Welche Themen standen in dieser Woche im Mittelpunkt?
00:00:26: Die elektronische Patientenakte EPA im Aufwind, fast jede zweite Praxis, ist bereits dabei.
00:00:34: Finanzloch bei den gesetzlichen Krankenkassen, Darlehen statt ZuschĂŒsse sorgen weiter fĂŒr
00:00:39: Diskussionen.
00:00:40: Wird die Krankenhausreform verwÀssert, LÀnder sollen weitgehende Gestaltungsfreiheit erhalten.
00:00:46: Pflegekosten explodieren, Eigenanteil steigt durchschnittlich auf ĂŒber 3.100 Euro monatlich.
00:00:57: Womit starten wir?
00:01:00: Fast jede zweite der insgesamt rund 98.000 Arztpraxen in Deutschland nutzt bereits die
00:01:05: elektronische Patientenakte EPA.
00:01:08: Ărzt*innen berichten von konkreten Vorteilen.
00:01:11: Sie vermeiden Doppeluntersuchungen und können Medikationslisten sofort einsehen.
00:01:16: In KrankenhĂ€usern lĂ€uft die EinfĂŒhrung deutlich schleppender.
00:01:20: Bisher nutzen nur etwa ein Drittel der Kliniken die EPA.
00:01:24: Technische Herausforderungen und fehlende LesegerÀte verzögern die flÀchendeckende Umsetzung bis
00:01:29: Oktober 2025.
00:01:32: Seit Juli ist der TI-Messenger Tim fĂŒr alle gesetzlich Versicherten verpflichtend verfĂŒgbar
00:01:37: und ermöglicht sichere Kommunikation zwischen Versicherten und Leistungserbringern.
00:01:42: Krankenkassen integrieren Tim bereits in ihre EPA-Apps, erste Pilotprojekte zeigen positive
00:01:48: Resonanz bei der Terminkoordination.
00:01:50: Die Plattform bietet Ende-zu-Ende verschlĂŒsselte Kurznachrichten, Dokumentenaustausch und
00:01:55: Videotelefonie.
00:01:57: Ărzt*innen steuern dabei ihre Erreichbarkeit.
00:02:00: Sie können selbst entscheiden, ob Versicherte sie ĂŒber Tim kontaktieren dĂŒrfen.
00:02:05: Privatversicherte erhalten kĂŒnftig ebenfalls Zugang zu diesem Kommunikationssystem.
00:02:10: Erste PKV-Unternehmen haben die EPA bereits fĂŒr ihre Versicherten eingefĂŒhrt.
00:02:20: Steigende Gesundheitskosten belasten die gesetzlichen Krankenkassen.
00:02:24: Oliver Blatt, Chef des GKV-Spitzenverbands, kritisiert die HaushaltsplÀne der Bundesregierung.
00:02:30: Das sei Augenbischerei, so Blatt.
00:02:32: Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben gehe immer weiter auseinander.
00:02:37: Bundesfinanzminister Lars Klingweil verteidigt hingegen die Darlehenslösung.
00:02:41: Er setze auf zwei Reformkommissionen, die zeitnah Ergebnisse liefern sollen.
00:02:46: Deutliche Beitragsteigerungen werde es nicht geben, beteuert der SPD-Politiker.
00:02:52: Schon zum Jahreswechsel hatten die meisten Krankenkassen höhere Abgaben verlangt.
00:02:57: Zum 1. Juli drehten einige Kassen abermals an der Beitragssatzschraube.
00:03:02: Zum 1. August erhöhte auch die Siemens BKK, die gröĂte deutsche Betriebskrankenkasse,
00:03:08: ihren Zusatzbeitrag auf 3,8 Prozent.
00:03:11: Zeichen fĂŒr den zunehmenden Finanzdruck.
00:03:14: Auch deshalb fordern die Vertreter*innen der gesetzlichen Krankenkassen weiterhin einhellig,
00:03:18: dass der Bund die Kosten fĂŒr versicherungstremde Leistungen vollstĂ€ndig ĂŒbernimmt.
00:03:23: Insbesondere die Finanzierung der Gesundheitsversorgung von BĂŒrgergeldempfĂ€nger*innen
00:03:27: sowie anderer nicht beitragsfinanzierter Versicherter.
00:03:31: Die Reformkommission zur gesetzlichen Krankenversicherung wurde bislang noch nicht eingesetzt.
00:03:36: In der Kommission zur Reform der Pflegeversicherung laufen die Beratungen voraussichtlich bis zum Jahresende 2025.
00:03:44: Konkrete Ergebnisse aus beiden Gremien sind frĂŒhestens im FrĂŒhjahr des nĂ€chsten Jahres zu erwarten.
00:03:51: Die Notaufnahmen deutscher Kliniken sind ĂŒberlastet.
00:03:58: 41 Prozent der Patient*innen haben sich in den vergangenen fĂŒnf Jahren
00:04:02: ohne vorherige Àrztliche EinschÀtzung selbst eingewiesen.
00:04:06: Eine neue Forsaumfrage zeigt, dass viele Menschen nicht wissen, wohin sie sich im Notfall wenden sollen.
00:04:12: AOK-Chefin Karola Reimann fordert die schwarz-rote Koalition zu schnellem Handeln
00:04:17: bei der ĂŒberfĂ€lligen Notfallreform auf.
00:04:20: Gemeinsame Leitstellen fĂŒr die Nummern 112 und 116/117
00:04:25: sowie integrierte Notfallzentren an Klinikstandorten sollen die Versorgung verbessern.
00:04:31: Ein Konzept dafĂŒr liegt seit Jahren bereits vor.
00:04:34: Parallel fordert die KassenÀrztliche Bundesvereinigung KBV
00:04:38: ein Gesetz zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in Krisensituationen.
00:04:43: KBV-Frieze-Chef Stefan Hofmeister warnt eindringlich,
00:04:46: schon ein flĂ€chendeckender Stromausfall wĂŒrde die ambulante Versorgung lahmlegen.
00:04:51: Das finale Krankenhausreform-Anpassungsgesetz liegt nun als Referentenentwurf vor.
00:04:57: Die BundeslÀnder erhalten darin weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Festlegung von Ausnahmen.
00:05:03: Kliniken dĂŒrfen nun bis zu sechs Jahre von QualitĂ€tskriterien abweichen,
00:05:07: statt wie bisher maximal drei Jahre.
00:05:10: In bedarfsnotwendigen lÀndlichen KrankenhÀusern gelten diese Ausnahmen sogar unbefristet.
00:05:15: Die EinfĂŒhrung der umstrittenen VorhaltevergĂŒtung verschiebt sich um ein Jahr auf 2028.
00:05:21: Dies entspricht einer zentralen Forderung der LĂ€nder,
00:05:24: wird allerdings von Kassen- und PatientenverbÀnden kritisch als
00:05:27: "Aufweichung der Reformziele" und Risiken fĂŒr die BehandlungsqualitĂ€t bewertet.
00:05:33: Prof. Tom Pschor, ehemaliger Leiter der Regierungskommission fĂŒr die Krankenhausreform,
00:05:38: kritisiert diese Aufweichungen scharf.
00:05:41: Die Reform werde ausschlieĂlich abgeschwĂ€cht, ohne QualitĂ€tsverbesserungen zu bringen.
00:05:46: Ob Bundesgesundheitsministerin Nina Warken die verschiedenen Reformbaustellen erfolgreich zusammenfĂŒhren kann,
00:05:51: bleibt abzuwarten.
00:05:53: Die Interessenkonflikte zwischen Bund und LÀndern, zwischen ambulanter und stationÀrer Versorgung
00:05:58: sowie zwischen QualitÀtsanspruch und FlÀchenversorgung prÀgen weiterhin die Debatte.
00:06:03: Die VerbĂ€nde haben bis 21. August Zeit fĂŒr Stellungnahmen zum Gesetzentwurf.
00:06:08: Deutsche Kliniken investieren zu wenig in digitale Infrastruktur.
00:06:13: Laut einer aktuellen Studie der Hochschule OsnabrĂŒck flieĂen nur 3% des Budgets in IT.
00:06:19: In DĂ€nemark und in Niederlanden sind es deutlich mehr.
00:06:24: Mangel verschĂ€rft das Problem. In dĂ€nischen KrankenhĂ€usern arbeiten ĂŒber 100 IT-Expert*innen,
00:06:30: in Deutschland im Durchschnitt nur sieben.
00:06:33: Gerald Gas, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft DKG, fordert nachhaltige
00:06:39: Digitalfinanzierung statt projektbasierter Förderungen. Die 4,3 Milliarden Euro aus dem
00:06:45: Krankenhauszukunftsgesetz seien nur ein Tropfen auf den heiĂen Stein. Ohne strukturelle Verankerungen
00:06:50: der IT-Kosten im Regelbudget drohe die Digitalisierung nach Auslaufen der Förderung zu scheitern.
00:06:56: Schnellere Arzttermine gegen Privatzahlungen stoĂen auf scharfe Kritik. Die grĂŒnen Bundestagsfraktion
00:07:09: stellte eine kleine Anfrage zu diesem Thema an die Bundesregierung. Diese sieht darin einen
00:07:15: direkten Angriff auf das Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Bundesgesundheitsministerium
00:07:21: erweckt in seiner Antwort notfalls gesetzgeberische MaĂnahmen gegen systematisches Ă€rztliches
00:07:28: Vielverhalten bei Terminvergaben. VertragsÀrzt*innen riskieren ihre kassenÀrztliche Zulassung,
00:07:34: wenn sie Behandlungen bevorzugt gegen Selbstzahlung anbieten. Das Ministerium plant, sich demnÀchst
00:07:40: mit der kassenÀrztlichen Bundesvereinigung und den Aufsichtsbehörden der LÀnder auszutauschen.
00:07:44: Bundesgesundheitsministerin Nina Warken plant ein verbindliches PrimÀrarztsystem. Patient*innen
00:07:52: sollen primĂ€r in eine Hausarztpraxis gehen und von dort gezielt ĂŒberwiesen werden. Die
00:07:57: Verbraucherzentrale warnt jedoch. Ăberlastete Hausarztpraxen könnten zum neuen Nadelöhr werden.
00:08:04: Erhebliche Sicherheitsbedenken wirft die kĂŒnstliche Intelligenz ELSA der US-Arzneimittelbehörde FDA
00:08:15: auf. Das KI-Tool haluziniert teils ĂŒberzeugend Studien- und Forschungsergebnisse, was die
00:08:21: ZuverlÀssigkeit infrage stellt. Dennoch will Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr.
00:08:26: mit Hilfe von ELSA Zulassungsprozesse deutlich beschleunigen, eine Entwicklung, die von FDA-Insidern
00:08:32: und Fachkreisen kritisch beobachtet wird. Besser lÀuft es hierzulande. Moderne Technologie
00:08:39: setzt sich in deutschen Apotheken durch. Die Sonnenapotheke in Wolfhagen hat einen
00:08:44: Drive-In-Schalter und Roboter die Medikamente automatisch aus dem Lager holen.
00:08:49: By-Pack-Zettel von Medikamenten, das zeigt eine Analyse, bleiben oft unverstÀndlich und
00:08:55: erreichen das sprachliche Niveau von Sachliteratur. Hier können digitale Apps verstÀndlicherer
00:09:01: Alternativen bieten. Das dreidimensionale Bio-Printing
00:09:04: in der Medizin macht Fortschritte. Forschende am Karlsruher-Institut fĂŒr Technologie entwickeln
00:09:10: winzige Herzklappen aus bakterielem Collagen. Erste Ohrmuscheln haben sie bereits erfolgreich
00:09:16: transplantiert. Erstmals entwickeln Pharma-Unternehmen
00:09:19: eigene ADHS-Apps. Verschiedene Anbieter bringen digitale Therapien auf den Markt, die monatelange
00:09:26: Wartezeiten auf TherapieplĂ€tze ĂŒberbrĂŒcken sollen. Erfolgreich lĂ€uft auch Doc-Online
00:09:32: der KassenÀrztlichen Vereinigung Bayerns. 3.000 Videosprechstunden entlasteten Notaufnahmen.
00:09:38: 74 Prozent der Patient*innen benötigten keine weitere medizinische Hilfe.
00:09:48: Pflegeheimbewohner*innen mĂŒssen monatlich im Durchschnitt ĂŒber 3.100 Euro Eigenanteil
00:09:54: zahlen. Diese Kosten sind innerhalb eines Jahres um gut 8 Prozent gestiegen. Bundesgesundheitsministerin
00:10:01: Nina Warken will diese Kostenspirale stoppen. Sie kritisiert, dass Pflegeheime Investitionskosten
00:10:07: zu hÀufig auf die Bewohner*innen abwÀlzen. Das Bundeskabinett hat das Pflegekompetenzgesetz
00:10:14: verabschiedet. Dieses wurde zu einem sogenannten Omnibusgesetz
00:10:18: erweitert und heiĂt nun Gesetz zur Befugniserweiterung und EntbĂŒrokratisierung in der Pflege. Das
00:10:25: Gesetz stÀrkt pflegerische Kompetenzen und soll unter anderem die PoolÀrzteproblematik
00:10:29: bei Bereitschaftsdiensten, die jahrelang fĂŒr Verunsicherung sorgte, regeln.
00:10:34: Eine weitere Kommission soll ab April 2026 die Beantragung von Pflegeleistungen vereinfachen
00:10:41: und bis 2030 konkrete VorschlĂ€ge fĂŒr weniger BĂŒrokratie erarbeiten. Alarmierende Zahlen
00:10:48: meldet der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, BPA, zur Pflegeausbildung.
00:10:55: PrÀsident Bernd Meurer fordert eine schnellere Anerkennung internationaler FachkrÀfte. Mit
00:11:00: der sogenannten Kompetenzvermutung, die inzwischen von nahezu allen Seiten gefordert wird, könnten
00:11:06: Tausende FachkrĂ€fte sofort in der Versorgung zur VerfĂŒgung stehen. Die Folgen des FachkrĂ€ftemangels
00:11:12: sind dramatisch. Einrichtungen reduzieren bereits ihr Angebot und passen es dem vorhandenen
00:11:17: Personal an. PflegebedĂŒrftige und Angehörige suchen verzweifelt nach HeimplĂ€tzen oder ambulanten
00:11:23: Diensten. Der Personalmangel lÀhmt lÀngst die Versorgung.
00:11:27: So weit unser RĂŒckblick. Welche Themens sind wichtig fĂŒr die kommenden Wochen?
00:11:37: Die Uniklinik RWTH Aachen testete erfolgreich eine zutele medizinischen Station umgebaute
00:11:43: Toilettenkabine. Hundert Besucher*innen wurden bei einem Musikfestival behandelt. KĂŒnftig
00:11:49: soll die Hightech-Kabine in Katastrophengebieten eingesetzt werden.
00:11:53: In Genf starteten UN-Verhandlungen ĂŒber ein globales Plastikabkommen. Expert*innen warnen
00:12:01: vor den Gesundheitsgefahren unter anderem durch Mikroplastikpartikel. Wir sind gespannt,
00:12:06: ob ein Abkommen zustande kommen wird. Hat ihnen die breite und bunte Palette
00:12:13: an Nachrichten und Informationen gefallen? Gerne können sie unseren Podcast weiter empfehlen.
00:12:18: Schreiben Sie uns Ihre Anregungen und Fragen bitte an gesundheitsmanagement@berlin-chemie.de.
00:12:25: Sie finden unsere Kontaktdaten auch in den Show-Notes.
00:12:29: Wir freuen uns, wenn Sie am nÀchsten Freitag wieder dabei sind beim Einblick Podcast
00:12:35: vom Gesundheitsmanagement der Berlin Chemie.